Am 22. Oktober 2022 wurde Giorgia Meloni als italienische Ministerpräsidentin vereidigt. Erstmals in der Nachkriegsgeschichte Italiens steht damit die postfaschistische Partei „Fratelli d’Italia“ an der Spitze der Regierung – gemeinsam mit der rechtskonservativen „Lega“ und der „Forza Italia“ des kürzlich verstorbenen Silvio Berlusconi. Warum haben die Italiener:innen so gewählt? Wie macht sich die neue Regierung im ersten Jahr und was bedeutet dieses Rechtsbündnis für Deutschland und für Europa? Mit MEIN ITALIEN UNTER MELONI, eine Produktion der DOCLIGHTS GmbH im Auftrag des NDR, zeichnet Ingo Zamperoni ein differenziertes gesellschaftspolitisches Porträt seiner zweiten Heimat.
In seinem neuen Film begibt er sich nach „Trump, meine amerikanische Familie und ich“ (2020) und „Trump, Biden, meine US-Familie und ich“ (2022) diesmal auf eine sehr persönliche filmische Reise durch Italien. Ingo Zamperoni hat die deutsche und die italienische Staatsbürgerschaft. Sein Vater ist Italiener, seit seiner Kindheit ist er mit dem Land eng verbunden, der Großteil der Familie Zamperoni lebt dort bis heute. „Ich möchte verstehen, woher dieser Rechtsruck kommt, welche Risiken er mit sich bringt und wie die Menschen in Italien damit umgehen.“ Der prominente Tagesthemen „News-Anchor“ sucht in Gesprächen mit Familienangehörigen und Freund:innen aus Kindheitstagen sowie hochrangigen Interviewpartner:innen Antworten.
Die Spurensuche beginnt am Lago Maggiore, führt über die Prosecco-Weinberge des Veneto, die Adria-Küste und die norditalienischen Städte Bologna und Ferrara über Rom bis nach Catania auf Sizilien. Während Cousine Paola eine glühende Lega-Anhängerin ist und damit die Wahl von Giorgia Meloni zur Ministerpräsidentin gutheißt, verurteilen ihre Schwestern Elena und Sonia die restriktive Familienpolitik der neuen Regierung und den fehlenden Umgang mit der faschistischen Vergangenheit. Auch der Freundeskreis ist gespalten: Stefania aus Bologna wäre nach dem Wahlsieg der „Fratelli d’Italia“ am liebsten ausgewandert, Irene und Federico, die Freund:innen in Ferrara, aber machen sich keine großen Sorgen, denn irgendwie haben sich die Italienerinnen und Italiener noch immer „arrangiato“ – arrangiert. Darin seien sie Weltmeister, egal, wer gerade an der Regierung sei.
„Giorgia Meloni versteht meine Sorgen, denn sie ist eine von uns“, so sieht das Antonio Brugnatti, der das Adria-Strandbad „Pinguino“ betreibt, das Ingo Zamperoni als Kind und Jugendlicher mit seiner Familie besucht hat. Für den Autor und Journalisten der Tageszeitung „Corriere della Sera“ Aldo Cazzullo ist genau diese Volksnähe einer der Hauptgründe, warum sich 26 Prozent der Wähler:innen für „Fratelli d’Italia“ ausgesprochen hat.
In der Tat agiert Georgia Meloni auf der europäischen Bühne eher zurückhaltend und pragmatisch – und damit ganz anders, als ihre anti-europäische Rhetorik im Wahlkampf vermuten ließ. „Wir sind diejenigen, die die meisten Schulden haben, also sind wir die Letzten, die sagen können: Jetzt können wir machen, was wir wollen.“ sagt Buchautor Aldo Cazzulo. Das habe auch Georgia Meloni erkannt und versuche deswegen die traditionell guten Beziehungen zu Deutschland und Frankreich fortzuführen, obwohl sie politisch den rechtskonservativen Regierungen von Ungarn und Polen wesentlich nähersteht. Und natürlich bleibe das auch ihr Ziel: eine starke rechtskonservative Mehrheit in Europa – auch wenn man das momentan noch nicht so merke.
MEIN ITALIEN UNTER MELONI ist eine Produktion der DOCLIGHTS GmbH im Auftrag des NDR. Ein Film von Ingo Zamperoni und Daniela Agostini.
Executive Producerin: Martina Sprengel. Produktionsleitung: Tim Carlberg (NDR), Ulrike Römhild (Doclights). Aufnahmeleitung: Silvia Matschull. Mitarbeit: Katja Rieth (ARD Studio Rom), Marina Conte. Kamera: Martin Kobold und Marian Engel. Ton: Hennig Jäger und Christoph Bock. Schnitt: Imke Koseck. Musik: Jens Hafemann. Grafik: Julia Goschke. Mischung: Tobias Farshim. Color Grading: Augusto Costello. Redaktion: Ben Bolz (NDR).